Kriterien für Barrierefreiheit der psychotherapeutischen Praxis – ein Leitfaden

Zusammengestellt von Gerda Deutsch, Mag. Evelyn Schmied-Wadda und Mag. Markus Bräuer

 

Vorbemerkungen:

Grundsätzlich geht der folgende Leitfaden unter „Hörbehinderung“ von Menschen aus, die in Lautsprache kommunizieren.

o       Kurze einfache Sätze

o       Keine Fremdwörter verwenden oder diese erklären

o       Zum Nachfragen einladen bzw. selbst nachfragen, ob alles verstanden wurde

o       Mit Bildern arbeiten

o       KEINE Babysprache verwenden!

Gerade bei Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt es eine enorme Bandbreite von Behinderung: daher ist hier eine Klärung, welche Form der Psychotherapie möglich ist, sehr wichtig. Ebenso welche Möglichkeiten der Orientierung und des Ausdrucks die Person hat, welche in Therapie kommen will (z.B. kann sie sich selbst orientieren bzw. wer bringt sie zur Therapie, kann die Person lesen und schreiben etc.).

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Körperliche Behinderung

Sehbehinderung

Hörbehinderung

Menschen mit Lernschwierigkeiten

 

 

Körperliche Behinderung

Erstkontakt:

Abklären der individuellen Bedürfnisse bezüglich Barrierefreiheit: nichts voraussetzen – lieber IMMER nachfragen!

Weg bis zum Gebäude:

Erreichbarkeit mit Öffentlichen Verkehrsmitteln:

Sind diese mit Rollstuhl benutzbar und barrierefrei?

 

Parkgelegenheiten:

-        Behindertenparkplätze vorhanden?

-        Sind die Parkplätze schräg oder parallel zur Straße angelegt (wichtig für Rollstuhlfahrer wegen ausladen vom Rollstuhl)?

-        Gehsteighöhe: von der Straße zum Eingang bzw. wo ist eine abgeschrägte Gehsteigauffahrt?

-        Rampe zum Eingang: mit oder ohne Handlauf? Laut TÜV ist die Schräge einer Rampe 6-10%, damit sie für Rollstuhlfahrer selbständig benutzbar ist.

Von der Haustür zur Praxistür:

-        Stufe oder Staffel vor oder nach dem Hauseingang? Anzahl und Höhe der Stufen angeben.

-        Erreichbarkeit der Gegensprechanlage: Höhe des Druckknopfes vom Gehsteig abmessen (können sitzende Personen die Gegensprechanlage erreichen und anläuten?).

Aufzug:

-        Türbreite (Außen- und Innentüre!).

-        Länge und Breite des Kabinen-Innenmaßes?

-        Höhe und Erreichbarkeit des Rufknopfes?

Wenn der Aufzug außer Betrieb ist, zeitgerecht die Stunde absagen!

In der Praxis:

Praxiseingang:

-        Schwelle vorhanden: wie hoch?

-        Türbreite?

-        bei Flügeltüren: sind beide Flügel zu öffnen? Steht hinter einem Flügel ein Kasten, dass er evt. doch nicht zu öffnen ist?

-        Bodenbelag: ist dieser für Rollstuhlfahrer befahrbar?

ACHTUNG bei Perlvorhängen und hängenden Textilien: diese können sich in den Rädern vom Rollstuhl verfangen!

Praxisraum:

Türe zum Praxisraum:

siehe oben bei „In der Praxis“!

Toiletten:

-        Türbreite?

-        Größe der Toilette (damit abschätzbar ist, ob die Toilette für speziell diese Person benutzbar ist)?

-        Sind Haltegriffe zum Abstützen vorhanden?

 „Herumstehen“ von Gegenständen z.B. Staubsauger, Reinigungsmittel etc.

Warteraum:

-        Gibt es für Begleitpersonen / persönliche Assistenz einen Warteraum?

Ist dieser so gelegen, dass man nicht mithören kann?

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Sehbehinderung

Erstkontakt:

Abklären der individuellen Bedürfnisse bezüglich Barrierefreiheit: nichts voraussetzen – lieber IMMER nachfragen!

Gegebenenfalls: Homepage barrierefrei; Werbematerialien ggf. in Großdruck bzw. Braille.

Weg bis zum Gebäude:

Exakte Wegbeschreibung bzw. Abholen bei öffentlichen Verkehrsmitteln (Gegebenenfalls in den ersten Therapiestunden, bis der Weg eingelernt ist).

Von der Haustür zur Praxistür:

Evt. Vereinbarung:

-        Anrufen statt anläuten wegen möglicher Schwierigkeiten bei der Gegensprechanlage die richtige Klingel zu finden.

-        Wegbeschreibung im Haus.

-        Ist vor/im Aufzug der Rufknopf ausreichend markiert (les- oder tastbar)?

evt. bei der Haustüre abholen wegen des Weges von der Haustüre zur Praxistüre (Gegebenenfalls in den ersten Therapiestunden, solange, bis der Weg eingelernt ist).

In der Praxis:

-        z.B. große Glasflächen oder Spiegel können ein Problem sein, ebenso „herausstehende“ Hindernisse, wie z.B. freischwebende Treppe, Regalbretter direkt an der Wand montiert etc..

-        Teppich oder Läufer kann als Orientierung dienen.

-        KEINE Gegenstände herumliegen lassen (z.B. Schuhe etc oder auch Scheren auf Tischen etc.).

IMMER gleiche (Weg-) Bedingungen erleichtert die Orientierung bzw. das Merken.

Praxisraum:

Weg im Praxisraum: siehe oben „In der Praxis“!

-        IMMER gleicher Platz erleichtert die Orientierung bzw. das Merken.

-        Erklären, wo man z.B. ein Glas mit Wasser oder Kaffee hinstellt: wo ist ein Tisch oder etwas zum Abstellen. Evt. (nach Rücksprache!!!) Hand nehmen und diese dann zum Tisch, zum Glas etc. hinführen, wenn die Person schon sitzt.

Licht: hell, aber nicht zu grell

Toiletten: Stolperfallen:

„Herumstehen“ von Gegenständen z.B. Staubsauger, Reinigungsmittel etc.

Warteraum:

-        Gibt es für Begleitpersonen / persönliche Assistenz einen Warteraum?

Ist dieser so gelegen, dass man nicht mithören kann?

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Hörbehinderung

Erstkontakt:

Abklären der individuellen Bedürfnisse bezüglich Barrierefreiheit: nichts voraussetzen – lieber IMMER nachfragen!

Telefonate sind u.U. nicht möglich: Kontakt schriftlich über SMS, Mail, Fax.

Weg bis zum Gebäude:

Von der Haustür zur Praxistür:

Evt. Vereinbarung: Anrufen/SMS statt anläuten wegen Schwierigkeiten Gegensprechanlage zu verstehen bzw. Signal In der Praxis zur Türöffnung zu hören.

-        Therapeut darf nur dann sprechen, wenn er/sie Schwerhörigen zugewandt ist und dieser die Lippen gut erkennen kann: kein „Nebenbei“-Sprechen am Weg!

-        Nicht die Hand vors Gesicht oder vor die Lippen halten.

-        Langsames und deutliches Sprechen, KEIN Schreien.

-        Eher kurze und prägnante Sätze: darauf achten, dass das Thema für den Schwerhörigen klar ist.

-        Keine Nebengeräusche, z.B. Hintergrundmusik,

-        laufender Radio oder Fernseher!!!, da Nebengeräusche mit Hörgeräten gleich laut wie Sprache wahrgenommen werden und so das Verstehen von Sprache unmöglich wird.

Praxisraum:

Siehe auch oben „In der Praxis“ und:

-        Kein Sitzen von PsychotherpeutIn vor einer Lichtquelle oder Fenster (Gegenlicht!), Gesicht sollte gleichmäßig ausgeleuchtet sein: helles, aber nicht zu grelles Licht.

-        Wie ist die Akustik im Praxiszimmer? Ist es recht „hallig“? Gibt es viele Nebengeräusche von außen zu hören, z.B. Verkehrslärm, Straßenbahn…?

Wie schalldicht ist die Praxisraumtür bzw. können andere Personen mithören, wenn laut gesprochen wird?

Toiletten: keine speziellen Notwendigkeiten.

Warteraum:

-        Gibt es für Begleitpersonen einen Warteraum?

Ist dieser so gelegen, dass man nicht mithören kann – auch wenn laut gesprochen wird?

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Menschen mit Lernschwierigkeiten

Erstkontakt:

Abklären der individuellen Bedürfnisse bezüglich Barrierefreiheit: nichts voraussetzen – lieber IMMER nachfragen!

einfache Sprache verwenden

Weg bis zum Gebäude:

Abklärung: wie wird der Weg bewältigt? Selbstständig oder in Begleitung etc.

Von der Haustür zur Praxistür:

Abklären, ob / wie Anläuten möglich ist (kann Namensschild oder Türnummer gelesen werden? Ist Orientierung im Haus möglich?)

In der Praxis

Verwendung von einfacher Sprache.

Warteraum:

-        Gibt es für Begleitpersonen / persönliche Assistenz / UnterstützerInnen einen Warteraum?

-        Ist dieser so gelegen, dass man nicht mithören kann?

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